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OLG München zu ersatzfähigen Schadenspositionen nach einem Verkehrsunfall

Urteil vom 24.03.2021


Der 10. Zivilsenat des OLG München hat sich in seinem vorgenannten Urteil mit dem leidigen Thema der Ersatzfähigkeit von Schadenpositionen nach einem Verkehrsunfall beschäftigt. Konkret ging es in dem Verfahren insbesondere um die Ersatzfähigkeit von sog. "Beilackierungskosten" und UPE-Aufschlägen sowie die Verweisung auf eine Referenzwerkstatt und die Bemessung einer Nutzungsausfallentschädigung.


Leidig ist dieses Thema deshalb, weil die tägliche Regulierungspraxis leider zeigt, dass ein Hauptanliegen der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherungen darin liegt, Schadenpositionen, die ein Sachverständiger in seinem Gutachten aufgenommen hat, (teilweise willkürlich) zu kürzen.


Hinsichtlich der "Beilackierungskosten" führte der Senat zunächst aus, dass die Beilackierung zwar nicht der unmittelbaren Beseitigung des Unfallschadens diene, sie jedoch dann zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderlich sei, wenn auch aufgrund der teilweisen Neulackierung von beschädigten Teilen eine Farbangleichung von nicht durch den Schaden selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen notwendig wird. Diese Kosten seien ferner auch bei einer Regulierung auf sog. "fiktiver Gutachtenbasis" erstattungsfähig, wenn eine Beilackierung im Falle einer tatsächlichen Reparatur anfallen würden. Dies sei z. B. bei Fahrzeugen mit besonderer Lackierung stets zu bejahen. Die beklagte Versicherung trage dabei grds. das sog. Prognoserisiko


Hinsichtlich einer Verweisung auf eine Referenzwerkstatt mit günstigeren Stundenverrechnungssätzen sei ein solcher Verweis dann unwirksam, wenn der Verweis unzumutbar oder die Referenzwerkstatt für den Geschädigten nicht mühelos zu erreichen wäre.


UPE-Aufschläge im Rahmen einer fiktiven Abrechnung seien jedoch nur dann erstattungsfähig, wenn die überwiegende Anzahl der markengebundenen Fachwerkstätten innerhalb eines Radius von 20 km um den Wohnort der Klagepartei UPE-Aufschläge berechnen würden.


Bzgl. einer Nutzungsausfallentschädigung entschied der Senat schließlich noch, dass der unfallbedingte Ausfall eines privatgenutzten Kraftfahrzeuges zunächst einen wirtschaftlichen Schaden darstelle, weil die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges als geldwerter Vorteil anzusehen sei. In Folge dessen stünde dem Geschädigten auch bei fiktiver Schadensabrechnung für die Zeit der Erstellung des Schadensgutachtens, unter Umständen einer anschließende angemessene Überlegungsfrist, ob der Schaden durch Reparatur ausgeglichen werden soll, sowie der notwendigen Dauer der Reparatur, eine entsprechende Entschädigung zu. Weiter sei zu beachten, dass ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung über die gewöhnliche Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit hinaus im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht des Geschädigten voraussetzt, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, ohne Erhalt der Entschädigung die Reparatur oder den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs vorrangig durch Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung oder hilfsweise durch Kreditaufnahme vorzufinanzieren. Allerdings sei eine Verpflichtung des Geschädigten, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen, ausnahmsweise nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird. Schließlich sei ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung jedoch dann nicht gegeben, wenn der Geschädigte ein Zweitfahrzeug nutzen kann. Aufgrund dessen muss der Geschädigte darlegen, ob und inwieweit ihr für den Zeitraum, für den er eine Nutzungsentschädigung beansprucht, ein Zweitfahrzeug zur Nutzung zur Verfügung gestanden ist.


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