Sachverhalt:
Mit Bußgeldbescheid vom 29. Dezember 2022 setzte der Bürgermeister der Kreisstadt Siegburg gegen den Halter des Fahrzeuges eine Geldbuße in Höhe von 30 Euro fest. Hintergrund war der Vorwurf, er habe am 6. Oktober 2022 als Halter und Fahrer eines Pkw die vor Ort zulässige Höchstparkdauer von einer Stunde unter Verstoß gegen Zeichen 314 mit Zusatzzeichen nach Anlage 3 StVO sowie § 13 Abs. 1, 2, § 49 StVO, § 24 Abs. 1, 3 Nr. 5 StVG und Nr. 63.3 BKat überschritten. Der Halter des Fahrzeuges erhob gegen diesen Bescheid Einspruch.
Mit angegriffenem Urteil vom 23. Mai 2023 verhängte das Amtsgericht Siegburg daraufhin gegen den Halter des Fahrzeuges eine Geldbuße in Höhe von 30 Euro wegen fahrlässiger Überschreitung der Höchstparkdauer. Das Gericht war davon überzeugt, dass der Halter des Fahrzeuges das auf ihn zugelassene Fahrzeug am 6. Oktober 2022 um etwa 14:30 Uhr geparkt und unter der Frontscheibe eine Parkscheibe ausgelegt habe, die als Ankunftszeit 14:30 Uhr ausgewiesen habe. Um 17:35 Uhr habe sich das Fahrzeug nach wie vor unbewegt auf dem Parkplatz befunden. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Halter des Fahrzeuges die Anordnung der zulässigen Höchstparkdauer und seine Überschreitung derselben erkennen können und müssen. Der Halter des Fahrzeuges selbst habe zu den Vorwürfen geschwiegen. Die Feststellungen zur Person basierten auf den Angaben im Bußgeldbescheid, die der Halter des Fahrzeuges bestätigt habe, und auf der verlesenen Auskunft des Fahreignungsregisters. Die Feststellungen zur Sache beruhten auf den verlesenen Angaben im Bußgeldbescheid, den Lichtbildern sowie dem Umstand, dass der Halter des Fahrzeuges Halter des in Rede stehenden Fahrzeugs sei.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde verwarf das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 12. September 2023 - III-1 ORbs 292/23 - als unbegründet, da eine Nachprüfung der amtsgerichtlichen Entscheidung weder zur Fortbildung des sachlichen Rechts noch wegen Versagung rechtlichen Gehörs geboten sei.
Mit seiner am 9. Oktober 2023 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Fahrzeughalter, durch das angegriffene Urteil des Amtsgerichts in seinen Grundrechten verletzt zu sein. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass eine Beweisaufnahme nach strafprozessualen Regeln nur insoweit stattgefunden habe, als ein Lichtbild in Augenschein genommen worden sei, das das streitbefangene Fahrzeug zeige. Eine weitere Beweisaufnahme habe nicht stattgefunden, insbesondere sei die im Bußgeldbescheid angeführte Zeugin nicht geladen und gehört worden. Verfassungsgerichtlich sei längst geklärt, dass seine zuvor genannten Rechte verletzt seien, wenn einzig aus der Haltereigenschaft gefolgert werde, dass der Halter den behaupteten Verkehrsverstoß begangen habe. Er habe Verfassungsbeschwerde erhoben, damit der Willkür in nicht rechtsmittelfähigen Sachen in Zukunft nicht Tür und Tor geöffnet sei. Ebenso würde sonst die Unschuldsvermutung des Art. 6 EMRK in ihr Gegenteil verkehrt.
Entscheidung:
Die zulässige Verfassungsbeschwerde hatte auch in der Sache Erfolg.
Das angegriffene Urteil verletzt den Fahrzeughalter in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot.
Das angegriffene Urteil enthält keinerlei Ansätze sachgerechter Feststellungen und Erwägungen zur Täterschaft des Fahrzeughalters, auf die bei einer Verurteilung nicht verzichtet werden kann.
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 13 Variante 3 StVO handelt ordnungswidrig im Sinne des § 24 StVG, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift über Parkscheiben nach § 13 Abs. 1 oder Abs. 2 StVO verstößt. Das Amtsgericht hat seine Feststellungen zur Sache allein auf die verlesenen Angaben im Bußgeldbescheid, auf Lichtbilder des Fahrzeugs sowie auf den Umstand gestützt, dass der Fahrzeughalter der Halter des in Rede stehenden Fahrzeugs sei. Damit hat das Amtsgericht zu dem Verkehrsverstoß, der dem Fahrzeughalter angelastet wird, in seiner Person weder ein aktives Tun noch ein Begehen durch Unterlassen festgestellt. Die Angaben im Bußgeldbescheid – wie auch die Lichtbilder, die allein das Fahrzeug des Fahrzeughalters zeigen – haben bezüglich der Frage, ob der Fahrzeughalter das Fahrzeug bei der bestimmten Fahrt auch tatsächlich geführt hat, keinerlei Aussagekraft. Der Fahrzeughalter hat zu dem ihn betreffenden ordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorwurf geschwiegen. Auch aus dem Umstand, dass der Fahrzeughalter Halter des in Rede stehenden Pkws ist, darf bei Fehlen jedes weiteren Beweisanzeichens nicht auf dessen Täterschaft geschlossen werden.
Da die angegriffene Entscheidung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist, kann offenbleiben, ob weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt sind.
Die angegriffene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Siegburg zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde vom 12. September 2023 ist damit gegenstandslos.