Beschluss vom 28.04.2021 - 22 Ss 672/20
Wird vor einer Atemalkoholmessung die sog. Kontrollzeit von zehn Minuten nicht eingehalten wird, führt das, zumindest in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur ganz geringfügig überschritten worden ist, zur Unverwertbarkeit der Messung.
Sachverhalt:
Mit Urteil vom 26. Juni 2020 hat das Amtsgericht Dippoldiswalde einen Autofahrer wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr zu einer Geldbuße in Höhe von 1.000,00 € verurteilt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten gegen ihn verhängt.
Hiergegen hat der betroffene Autofahrer form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verfahrens- sowie der Sachrüge begründet. Mit Erfolg!
Die zulässige Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des betroffene Autofahrers.
Entscheidungsgründe:
(...) Nach den Urteilsfeststellungen konnte der Bußgeldrichter nicht mit „letzter Gewissheit" ausschließen, dass der Betroffene während der Kontrollzeit ein Bonbon „Fisherman's Friend' eingenommen hat. Diese Einlassung des Betroffenen hat er auch nicht als Schutzbehauptung behandelt, so dass der Senat an diese Feststellungen gebunden ist.
Die Frage der Verwertbarkeit eines unter Nichteinhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit gewonnenen Messergebnisses ist mittlerweile in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
a) Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich vorgesehen, dass bei der Atemalkoholbestimmung nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamtes gestellten Anforderungen genügen (BGHSt, 46, 358 ff.). Nach diesem Gutachten des Bundesgesundheitsamtes besteht für das Messverfahren neben dem Erfordernis einer Kontrollzeit von zehn Minuten vor der Atemalkoholmessung unter anderem die Vorgabe, dass zwischen der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von 20 Minuten verstrichen sein muss. Die vorgeschriebene Kontrollzeit von zehn Minuten vor der ersten Messung dient dazu, die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch Mund- oder Mundrestalkohol auf das Messergebnis auszuschließen. In der sogenannten Kontrollzeit von zehn Minuten muss gewährleistet sein, dass der Betroffene keinerlei Substanzen mehr zu sich genommen hat (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2006, 250).
b) Wenn diese Kontrollzeit von zehn Minuten nicht eingehalten wird, muss dies zumindest in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur ganz geringfügig überschritten worden ist, zur Unverwertbarkeit der Messung führen (vgl. OLG Karlsruhe, DAR 2004, 466 für einen AAK-Wert von 0,26 mg/I; OLG Bamberg, BA 45, 197 für einen AAK-Wert von 0,25 mg/l). Nur unter der Voraussetzung, dass binnen eines Zeitraumes von zehn Minuten vor der Messung der Betroffene keinerlei Substanzen, insbesondere alkoholhaltiger Art, mehr im Rachenraum hatte, kann mit Sicherheit gewährleistet werden, dass das (...) gewonnene Ergebnis nicht durch Rückstände im Rachenraum beeinträchtigt worden ist. Dementsprechend liegt nur bei Einhaltung dieser Kontrollzeit - jedenfalls bei bloßem Erreichen des Grenzwertes bzw. nyrganfgeringfügiger Überschreitung desselben - ein verwertbares Messergebnis vor (OLG Bambär.,1/a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.). (...)