Im Anschluss an einen Verkehrsunfall stellen Kfz-Sachverständige leider häufig fest, dass ein verunfalltes Fahrzeug ein wirtschaftlicher Totalschaden ist. Das bedeutet, dass es aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten teurer wäre, das verunfallte Fahrzeug zu reparieren als wiederzubeschaffen (gemeint ist dabei die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges in dem Zustand, in welchem das verunfallte Fahrzeug vor dem Unfall war). In diesem Fall muss die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung grds. nicht die Reaparaturkosten übernehmen.
Dies gilt allerdings nicht immer:
Liegen die ermittelten Bruttoreparaturkosten zwar unterhalb des Wiederbeschaffungswertes, jedoch über dem Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) ist der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) berechtigt, das Fahrzeug in einer Fachwerkstatt instand setzen zu lassen und sodann eine Reparaturkostenrechnung vorzulegen. In diesem Fall besteht ein Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Bruttoreparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes, auch dann, wenn er das Fahrzeug unmittelbar im Anschluss an die Reparatur veräußert.
Der Bundesgerichtshof führt hierzu bspw. im Urteil vom 29.04.2003 – VI ZR 393/02 - wörtlich aus:
"Der Geschädigte kann zum Ausgleich des Fahrzeugschadens die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ohne Abzug des Restwertes verlangen, wenn er das Fahrzeug tatsächlich repariert und weiternutzt. Die Qualität der Reparatur spielt jedenfalls so lange keine Rolle, als die geschätzten Bruttoreparaturkosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen.
Weiter hat der BGH sogar entschieden, dass die fiktiven Reparaturkosten auch dann erstattungsfähig sind (im Nettobetrag), wenn der Geschädigte das Fahrzeug ggf. unrepariert mindestens 6 Monate nach dem Unfall weiternutzt (vgl. BGH, Urteil vom 23.05.2006, Az: VI ZR 192/05).
Und an dieser Stelle wenden viele Kfz-Haftpflichtversicherer ein, die vorgenannten
6 Monate erstmal abwarten zu wollen, um dann zu überpüfen, ob der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich solange weitergenutzt hat.
Dies erfolgt aber zu Unrecht!
Der Geschädigte kann nicht darauf verwiesen werden, Schadensersatzansprüche erst nach Ablauf der 6-Monats-Frist geltend zu machen oder derart lange auf die Auszahlung zu warten, da es sich bei der 6-Monats-Frist nicht um eine Fälligkeitsvoraussetzung handelt. Der BGH hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es den Haftpflichtversicherer auch nicht unzumutbar belastet, wenn er bei sofortiger Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs das Solvenzrisiko hinsichtlich eines etwaigen Rückforderungsanspruchs trägt, sofern der Haftpflichtversicherer innerhalb der 6-Monats-Frist zahlt.